Zum 14. und leider letzten Jubiläum der Programmkinos wurden L’Atalante und The Straight Story gezeigt: Zwei Filme in denen die Protagonist*innen entweder einen fernen, magischen Ort (Paris) oder eine vergangene, einfachere Zeit der Jugend idealisieren; ein Anknüpfungspunkt, den der Eine oder die Andere im Saal sicher auch auf die Situation der Kinos in Mainz übertrug. Die Zusammenhänge zwischen den fiktionalen Geschichten und dem Abend im Kino begrenzten sich allerdings auf diese emotionalen Anknüpfungspunkte. Während die Protagonisten der Filme recht einsam durch ihre Geschichte streifen, waren Parkett und Empore im schönsten Mainzer Kinosaal ausnahmslos gefüllt.
Der Andrang ließ auch umstehende Beobachter*innen erkennen, dass es kein regulärer Kinoabend war. Die Schlange am Eingang rankte sich eine Stunde vor Vorstellungsbeginn über den Vorplatz des Kinos, vorbei an Zeitungsente und Inferno Mega Store bis in die Mittlere Bleiche und sorgte sicherlich für ein wenig Verunsicherung bei jenen Personen, die gerne einen der beliebten Plätze im Filmtheater besetzen wollten. Ein Unterfangen, das schlussendlich auch nicht allen gelang, da der Saal etwa 20 Minuten vor Start der Vorstellung geschlossen wurde. Da weder ein Eintrittspreis noch eine Eintrittskontrolle dem Kinobesuch im Weg standen, hatte lediglich die Kulinarik ein kurzes Anstehen erfordert, das Warten um in den Saal zu gelangen war für Viele also gar nicht nötig gewesen.
Die Stimmung der Besucher*innen war durchweg positiv, auch wenn an der ein oder anderen Stelle Fragen nach dem Schließungstermin, der Zukunft des Gebäudes oder der Rolle der Stadt zu hören waren. An dieser Stelle war auch Prof. Dr. Andreas Rauscher von großer Hilfe, der der Initiative Mainz für Kino in seinem Vortrag nach der Pause Dank für ihren Einsatz aussprach und die Zuschauer*innen zu Engagement in der Initiative aufrief.
Im Anschluss legte er den Fokus auf die gezeigten Filme und bettete den Abend thematisch ein. Traditionell fügen sich beide Filme in einen Kontext ein, den Prof. Rauscher in diesem Jahr als poetischen Realismus umschrieb, in dem beide Regisseure einen Roadmovie mit surrealen Elementen inszenierten. L’Atalante von Jean Vigo nahm dabei recht avantgardistische Züge für sein Entstehungsjahr 1934 an und beeindruckte durch Unterwasser-Traumsequenzen und moderne Kameraeinstellungen, die das französische und internationale Kino der folgenden Jahrzehnte vorwegnahmen.
David Lynchs im Anschluss präsentierter Film zeigte die für den Regisseur typischen Elemente des übernatürlichen und düsteren Surrealen eher reduziert. The Straight Story trug in einigen Phasen dennoch eine durch den Soundtrack verstärkte Schwermütigkeit durch den Saal, die in Lynchs gesamtem Werk vorhanden ist, die in diesem Fall jedoch auf einer tröstenden Note ausklang.
So war der Abend ein Highlight im letzten Jahr von CAPITOL&PALATIN, dass gezeigt hat, dass in Mainz auch für abseitige Filme aus wenig beachteten Jahrzehnten ein Publikum existiert. Sicher wäre die Vorstellung bei Vorankündigung der Filme nicht ebenso erfolgreich gewesen und die Begeisterung hielt sich im Saal bei der Eröffnung des Schwarz-Weiß-Films vermutlich in Grenzen, dennoch zeigte das ausdauernde Publikum an diesem schweißtreibenden Abend, dass es eine Verbindung mit seinen beiden Programmkinos und dessen Betreibern hat. An beiden Kinos hängt Erlebtes und am vergangenen Freitag wurde ein weiteres ungewöhnliches Erlebnis hinzugefügt.
Wir, die Initiative Mainz für Kino, möchten genau auf die Fragen, die an diesem Abend gestellt wurde Antworten liefern. Wir möchten die Kinokultur in Mainz erhalten und verbessern und Erlebnisse wie am Freitag weiterhin möglich machen. Falls ihr Interesse habt uns zu helfen, Fragen stellen wollt, oder Ideen für Kooperationen oder andere Möglichkeiten der Kinoförderung habt, meldet euch gerne unter Kontakt@mainz-fuer-kino.de oder kontaktiert uns via Social Media.
Bildquelle: (c)Nachtschwärmerfilm
Eine Antwort auf „Das letzte Jubiläum“
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